Tie a yellow ribbon…

In den USA ist es völlig normal, Solidarität mit GI’s zu zeigen, die irgendwo im Einsatz sind. Das zeigt sich dann an „Support our troops!“-Aufklebern am Auto, an gelben Schleifen, die man gut sichtbar am Haus befestigt und an zahlreichen Intitiativen für Brieffreundschaften mit Soldaten, Fresspaketen, die in den Irak geschickt werden und Ähnliches mehr. In Deutschland tut man sich ungleich schwerer, dergestalt Unterstützung zu signalisieren, wie unser Umgang mit den Bundeswehrtruppen in Afghanistan zeigt. Das hat zum einen mit unserer Geschichte zu tun; das Stichwort „deutsches Militär“ weckt nun mal keine positiven Assoziationen. Zum anderen spielt hier aber auch mit hinein, dass der Einsatz mehrheitlich sehr kritisch beurteilt wird. Für die Bundeswehr-Angehörigen bedeutet das: Wir schicken euch in einen Krieg, den wir ablehnen.

Und um nichts anderes geht es in Afghanistan: Egal, wie man das Ganze aus völkerrechtlichen, wahltaktischen oder anderen Gründen nennen möchte, am Hindukusch wird aus Sicht der dort stationierten Soldaten wie der afghanischen Bevölkerung Krieg geführt. Ich kann mich noch gut an den Tag erinnern, als Bundeswehrsoldaten 1999 im Kosovo zum ersten mal in ein Feuergefecht verwickelt wurden. Der Vorfall beherrschte alle Schlagzeilen, die ARD sendete einen Brennpunkt, das Thema war Tagesgespräch. Solche Schusswechsel gehören für die deutschen Soldaten in Afghanistan heute fast zum Alltag, nur will niemand mehr etwas davon wissen, wenn nicht gerade Bundeswehrangehörige dabei sterben. Und selbst dann dauert es nur ein paar Tage, bis die nächste Sau durchs massenmediale Dorf getrieben wird.

Mit dieser Mischung aus kühler Distanz und Desinteresse habe ich ein Problem. Politisch steht es selbstverständlich jedem frei, über Auslandseinsätze im Allgemeinen und einzelne Missionen im Speziellen zu denken, wie er will. Und auch, wer nicht grundsätzlich pazifistisch eingestellt ist, wird am konkreten Vorgehen in Afghanistan genug Kritikpunkte finden (vgl. mein Post vom 14. April). Will sagen: Ein „Ja, aber…“ bzw. sogar ein „Nein!“ ist hier völlig legitim. Gleichzeitig sollte man aber zur Kenntnis nehmen, dass die deutschen Soldaten, die in Kundus täglich Leben und Gesundheit riskieren, von einer von uns gewählten Regierung dorthin geschickt wurden – ob es einem persönlich passt oder nicht. Wenn sie dann nach sechs Monaten nicht selten traumatisiert zurückkommen, schlägt ihnen von Vielen eine Haltung in der Art von „Ist mir egal, ich find’s nämlich eh daneben, was ihr da unten macht“ entgegen. Und das ist schäbig.

Nun werden vernunftbegabte Menschen eine politische Ablehnung des Afghanistan-Einsatzes nicht auf die daran beteiligten Soldaten projizieren, indem sie diese persönlich ablehnen. In Anbetracht einer Bevölkerungsmehrheit von 75%, die dem Ganzen kritisch gegenüber stehen, wäre es aber wichtig, diese Differenzierung klar zum Ausdruck zu bringen. Ich weiß nicht, ob man Fresspakete oder wenigstens Postkarten nach Kundus (oder in den Kosovo!) schicken kann, aber vielleicht sollte man das mal recherchieren. Einfach nur, um auszudrücken: Es ist uns nicht egal, wie es euch geht – unabhängig davon, wie wir Chancen und Probleme des ISAF-Einsatzes politisch beurteilen.

1 Comment(s)

  1. Guter Punkt – hab ich mir noch nie so direkt Gedanken drüber gemacht. Falls du eine Möglichkeit findest, da was hinzuschicken – poste es doch auf deinem Blog – ich würde mich gern beteiligen, bzw. Werbung dafür machen.
    Gruß,
    Phil

    Philipp Decker | Apr 16, 2010 | Reply

Post a Comment